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Ausgenommene Fahrten – Fahrtenschreiber?!?

Quelle: Continental

In der Praxis sind viele Konstellationen anzutreffen: Manche Unternehmen führen ausschließlich ausgenommene Beförderungen durch, haben aber Fahrzeuge mit Fahrtenschreiber. Andere müssen zumindest hin und wieder aufzeichnen, haben aber keinen Fahrtenschreiber im Fahrzeug. Und dann gibt es ja noch den Rettungsanker namens Tageskontrollblatt, oder? Hier ein paar Hinweise was richtig und was falsch ist.

Grundlagen

Wie bereits ausführlich im Artikel zur Handwerkerklausel und zu deren Anwendbarkeit im Handels-, Produktions-, Dienstleistungs- oder Handwerksbetrieb dargestellt, sind fahrpersonalrechtliche Ausnahmen ein zweischneidiges Schwert. Wenn geklärt ist, ob die Handwerkerklausel oder eine der vielen weiteren Ausnahmen bei einzelnen oder allen Beförderungen des Unternehmens angewendet werden kann, sind oft weitere Fragen zu klären. An dieser Stelle geht es um die Verbindung zwischen den Lenk- und Ruhezeitvorschriften auf der einen Seite und den Regelungen zur Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten per Fahrtenschreiber oder Tageskontrollblatt auf der anderen Seite.

Um sich zurechtzufinden müssen folgende Sachverhalte klar sein:

  • Ist das Fahrzeug mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet oder nicht?
  • Welche zulässige Höchstmasse¹ (zHm) hat das eingesetzte Fahrzeug und welche zHm ergibt sich, wenn „der“ Anhänger mitgeführt wird (falls das der Fall ist)?
  • Sind definitiv alle Fahrten ausgenommen oder gibt es auch aufzeichnungspflichtige Beförderungen?
  • Daran angeschlossen – entsteht die Auszeichnungspflicht nur dann, wenn ein Anhänger mitgeführt wird (zum Beispiel zHm dann über 3,5 t oder 7,5 t) oder eine längere Strecke zurückgelegt werden muss (zum Beispiel Zielort weiter als 100 km Luftlinie vom Unternehmensstandort entfernt)?

Istzustand: Kein Fahrtenschreiber eingebaut

a) Alle Fahrten sind ausgenommen

Wenn ausnahmslos alle Fahrten ausgenommen sind (ohne oder mit Anhänger), ist das natürlich der Idealzustand, da rein fahrpersonalrechtlich nichts weiter zu beachten ist. Natürlich gelten „stattdessen“ die arbeitszeitrechtlichen Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz.

b) Es gibt auch aufzeichnungspflichtige Fahrten

Entstehen bei einer zHm zwischen mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t (inkl. eines gegebenenfalls angehängten Anhängers) vereinzelt oder regelmäßig aufzeichnungspflichtige Fahrten, können alle Tätigkeiten des Fahrers über sogenannte Tageskontrollblätter aufgezeichnet werden. Die Rechtsgrundlage dafür ist der § 1 Absatz 6 der Fahrpersonalverordnung (FPersV). Dabei ist zu beachten, dass bei aufzeichnungspflichtigen Fahrten stets ein personenbezogener, lückenloser Nachweis des aktuellen und der vorausgehenden 28 Kalendertage mitzuführen ist. Die obersten Bundes- und Länderbehörden sind der Ansicht, dass in dieser Konstellation die Nachweisführung über die letzten 28 Kalendertage ausschließlich in Form von Tageskontrollblättern hergestellt werden kann.

Liegt die zHm des Fahrzeugs oder der Zugfahrzeug-Anhänger-Kombination zwischen mehr als 3,5 t und nicht mehr als 7,5 t, muss bei aufzeichnungspflichtigen Fahrten ein Fahrtenschreiber eingebaut sein. Bevor diese aufzeichnungspflichtigen Fahrten durchgeführt werden dürfen, muss zunächst ein digitaler Fahrtenschreiber nachgerüstet werden (es sei denn das Fahrzeug ist spätestens am 30. April 2006 erstmals zugelassen worden – dann wäre auch ein nachgerüsteter analoger Fahrtenschreiber zulässig, der allerdings bis Anfang 2025 durch einen intelligenten Fahrtenschreiber der 2. Version ersetzt werden müsste). Relativ häufig ergibt sich diese Situation nur dann, wenn ein Anhänger mitgeführt wird, insbesondere wenn das Zugfahrzeug solo eine zHm von maximal 3,5 t hat. Liegen bei diesen Anhängerfahrten die sachlichen Voraussetzungen der eigentlich in Anspruch genommenen Ausnahme nicht mehr vor, etwa wenn im Rahmen der Handwerkerklausel die zwischen 3,5 und 7,5 t geltende 100 km-Luftlinie-Grenze überschritten wird, sind die Fahrten ab dem ersten Meter über einen Fahrtenschreiber aufzeichnungspflichtig. Weitere (nicht abschließende) Informationen, was zu tun ist, wenn ein Fahrtenschreiber eingebaut ist, habe ich im zweiten Drittel des Folgeabschnitts zusammengetragen.

Istzustand: Ein Fahrtenschreiber ist eingebaut

a) Alle Fahrten sind ausgenommen

Wenn alle Fahrten ausgenommen sind, ist zu klären, ob der Fahrtenschreiber ausgebaut oder gebrauchsunfähig gemacht werden kann. Sofern keine technischen (oder rechtlichen) Gründe dagegen sprechen, sollte der Fahrtenschreiber stets ausgebaut werden. Kritisch sind hier regelmäßig Leasingfahrzeuge, die für einen begrenzten Zeitraum genutzt werden und bei denen der Ausbau entweder vom Leasinggeber nicht erlaubt ist oder zu den Kosten für den Ausbau auch die Kosten für den späteren Wiedereinbau abschreckend wirken. Technische Unmöglichkeit liegt teilweise vor, wenn der Fahrtenschreiber in starkem Maße in die elektronische Architektur des Fahrzeugs eingebunden ist. Details kann Ihnen eine qualifizierte Kfz-Werkstatt erläutern.

Wenn der Fahrtenschreiber nicht ausgebaut werden kann, muss er bei allen ausgenommenen Fahrten im Modus „OUT“ bzw. „out of scope“ betrieben werden. Diese Funktion wird über die Menüführung des Gerätes aktiviert und signalisiert diesem, dass die Fahrt(en) unter Ausnahmebedingungen stattfindet. Der Fahrtenschreiber vermerkt zu den gespeicherten fahrzeugbezogenen Daten dann, dass diese unter „OUT“ erzeugt wurden. Falls der Fahrer im Besitz einer gültigen Fahrerkarte ist, wird diese bei ausgenommenen Fahrten und bei aktiviertem OUT-Modus nicht gesteckt. NIEMALS sollte ohne Fahrerkarte und deaktiviertem OUT-Modus gefahren werden. Dann wird im Massenspeicher die Information „Fahren ohne Fahrerkarte“ hinterlegt, was insbesondere das Interesse der Kontroll- und Aufsichtsbehörden weckt und im Fall von Betriebskontrollen einen hohen Aufwand erzeugen kann, wenn die Aufsichtsbehörde in Erfahrung bringen will, warum und in welchem Einzelfall Fahrten ohne Fahrerkarte stattgefunden haben, da hier im Regelfall von einer missbräuchlichen Verwendung ausgegangen wird.

Klar muss sein, dass ein eingebauter Fahrtenscheiber immer „mitläuft“, also ständig die Fahrzeugbewegungen dokumentiert und auch sehr präzise die gefahrenen Geschwindigkeiten (zumindest der letzten 24 Lenkstunden, teilweise auch deutlich länger) speichert. Diese „Black-Box“ im Auto kann insbesondere infolge von Unfällen Daten bereithalten, die weder dem Fahrer noch dem Unternehmen zum Vorteil gereichen müssen, etwa wenn durch die Fahrtenschreiberdaten die Annahme bestätigt wird, dass zum Unfallzeitpunkt die tägliche Maximalarbeitszeit von zehn Stunden überschritten wurde oder das Fahrzeug mit unangepasster Geschwindigkeit unterwegs war.

Hinsichtlich der Pflicht, Daten von Fahrerkarten und vom Massenspeicher eines eingebauten Fahrtenschreibers auszulesen, mit denen überhaupt keine aufzeichnungspflichtigen Fahrten durchgeführt werden, ergibt sich in Teilbereichen ein uneindeutiges Bild. Klarheit herrscht bei allen Ausnahmen nach Artikel 3 der VO (EG) Nr. 561/2006 und nach § 1 der FPersV. Wer unter diese Ausnahmen fällt, ist von allen fahrpersonalrechtlichen Pflichten aus den Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EU) Nr. 165/2014 befreit. Bei Ausnahmen, die über den § 18 FPersV umgesetzt wurden, könnte man jedoch bei einer sehr engen Auslegung die Ansicht vertreten, dass der Artikel 10 der VO (EG) Nr. 561/2006 dennoch zu beachten und das Auslesen des Massenspeichers somit verpflichtend sei. Ich kann hier keine abschließende rechtliche Einsortierung dieser unsauberen gesetzlichen Regelung darlegen, halte es aber für widersinnig, bei § 18 FPersV-Ausnahmen eine Auslesepflicht anzunehmen, wenn der Gesetzgeber andererseits im § 18 FPersV die Anwendung der gesamten VO (EU) Nr. 165/2014, die den Fahrtenschreiber an sich reglementiert, verneint. Unternehmen, die Rechtssicherheit anstreben, können sich an ihre zuständige Aufsichtsbehörde (Gewerbeaufsicht) wenden.

Ein weiterer nicht eindeutig einzustufender Punkt ist die Prüfpflicht aus § 57b StVZO, die eine Kontrolle des Fahrtenschreibersystems im zweijährigen Rhythmus vorschreibt und bei der festgestellt werden soll, ob Einbau, Zustand, Messgenauigkeit und Arbeitsweise des Fahrtenschreibers vorschriftsmäßig erfolgt sind bzw. gegeben sind. Da im Absatz 1 des § 57b StVZO ausgeführt wird, dass von der Prüfplicht „nur“ Fahrzeughalter betroffen sind, deren Fahrzeuge mit einem Fahrtenschreiber ausgerüstet sein MÜSSEN, entstehen legitime Zweifel, ob diese Prüfpflicht auch dann gilt, wenn der Fahrtenschreiber freiwillig eingebaut ist, oder anders ausgedrückt, nicht aufgrund einer gesetzlichen Pflicht eingebaut ist. Sowohl die Ausnahmen nach Artikel 3 der VO (EG) Nr. 561/2006 als auch jene nach § 18 FPersV führen ja direkt oder indirekt dazu, dass die gesamte VO (EU) Nr. 165/2014 zum Fahrtenschreiber nicht zu beachten ist, also nicht gilt. Bei den Ausnahmen nach § 1 FPersV, also bei Fahrzeugen oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen mit einer zHm von nicht mehr als 3,5 t, ist eine Fahrtenschreiberpflicht ja generell nicht gegeben.

Insoweit müssen in Fahrzeuge, die AUSSCHLIESSLICH im Rahmen einer entsprechenden Ausnahme eingesetzt werden, keine Fahrtenschreiber eingebaut sein, weshalb eine Prüfpflicht oder auch die Reparaturpflicht im Falle von Defekten nach Artikel 37 der VO (EU) Nr. 165/2014 meines Erachtens nicht ohne weiteres unterstellt werden kann. Auch in diesem Sachverhalt sollten sich betroffene Unternehmen zur Klarstellung an ihre zuständige Aufsichtsbehörde wenden.

b) Es gibt auch aufzeichnungspflichtige Fahrten

Sofern auch aufzeichnungspflichtige Fahrten anfallen, muss bei diesen der Fahrtenschreiber in der Form aktiviert sein, dass der Fahrtenschreiber im Normalbetrieb läuft (also eine Kalibrierung stattgefunden hat, das Unternehmen diesen per Unternehmenskarte aktiviert/gesperrt hat und die Funktion OUT deaktiviert ist) und für die Aufzeichnung die Fahrerkarte des Fahrers gesteckt ist. Außerdem muss der Fahrer einen personenbezogenen, lückenlosen Nachweis über sämtliche Aktivitäten des aktuellen und der vorausgehenden 28 Kalendertage mitführen. Um diesen Nachweis herzustellen, muss der Fahrer manuelle Nachträge am Fahrtenschreiber erstellen (können!) und wenn zwischen den aufzeichnungspflichtigen Fahrten größere Lücken von mehreren Tagen, an denen der Fahrer anderweitig beschäftigt war und/oder lediglich ausgenommene Beförderungen durchgeführt hat – ein manueller Nachtrag also „besonders aufwendig“ wäre – ist in aller Regel vom Unternehmen auch ein sogenanntes EU-Formblatt zum Nachweis berücksichtigungsfreier Tage zu erstellen und dem Fahrer auszuhändigen. Die zahlreichen weiteren fahrpersonalrechtlichen Pflichten, die das Unternehmen und den Fahrer betreffen, müssen natürlich auch umgesetzt bzw. eingehalten werden.

Die oben angesprochenen Zweifel hinsichtlich der Pflicht, Fahrerkarten- und Massenspeicherdaten auszulesen sowie zu Geltung des § 57b StVZO sind bei Unternehmen, die auch aufzeichnungspflichtige Fahrten durchführen, nicht gegeben. Die zweijährige Tachoprüfung muss durchgeführt worden sein und beim Auftreten von Defekten am Fahrtenschreibersystem muss eine ad hoc-Reparatur erfolgen. Infos zum Auslesen und Auswerten der erzeugten Daten habe ich in einem gesonderten Artikel dargestellt.

Hinweise zum Tageskontrollblatt

Das sogenannte Tageskontrollblatt (TKB) ist nur eine Krücke, um in dem aufzeichnungspflichtigen Bereich, der vom EU-Gesetzgeber nicht vorgesehen ist – also bei Fahrzeugen bis 3,5 t zHm – auf eine „niederschwellige“ Aufzeichnungsform zurückgreifen zu können. Da die Aufzeichnungen auf TKB in allerhöchstem Maße gestaltbar sind, kann jedoch niemand ernsthaft behaupten, dass damit eine wirksame Kontrolle möglich ist. Nicht ohne Grund hat sich für TKB auch der Begriff „Lügenblätter“ etabliert. Das Bundesamt für Güterverkehr stellt auf seiner Webseite einen Vordruck zur Verfügung, der grundsätzlich verwendet werden sollte.

Wenn die zHm des Fahrzeugs solo oder auch nur in Kombination mit einem Anhänger bei aufzeichnungspflichtigen Fahrten die Grenze von 3,5 t überschreitet, können Tageskontrollblätter NICHT verwendet werden. Dann ist das Fahrzeug abhängig vom Erstzulassungsdatum mit einem (analogen oder) digitalen Fahrtenschreiber nachzurüsten.

Auch Fahrer von Unternehmen, die im Ausland ansässig sind, müssen bei Fahrten auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Aufzeichnungen auf Tageskontrollblättern vorlegen können, wenn die konkreten Fahrten nach der FPersV aufzeichnungspflichtig sind und die zHm des Fahrzeugs oder der Zugfahrzeug-Anhänger-Kombination zwischen mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t beträgt.

Für die Straßenverkehrssicherheit und den Arbeitnehmerschutz wäre die Einführung von Fahrtenschreibern auch in Fahrzeugen unter 3,5 t zHm längst notwendig gewesen. Teilweise wird dieses Defizit ab dem 1. Juli 2026 geheilt, da ab diesem Zeitpunkt zumindest im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und im grenzüberschreitenden Werkverkehr eine Ausrüstungspflicht für alle Fahrzeuge und Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen mit einer zHm von mehr als 2,5 t bestehen wird. Für viele Werkverkehrsunternehmen wird sich Stand Frühjahr 2021 bei den Fahrzeugen bis 3,5 t zHm wohl wenig ändern. Das gilt aber nur, wenn das Lenken für den einzelnen Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt. Nach Artikel 3 Buchstabe ha) der VO (EG) Nr. 561/2006 wird ab Mitte 2026 dann eine entsprechende Ausnahme für grenzüberschreitende Beförderungen gelten. Wie es in gut fünf Jahren mit rein nationalen Beförderungen aussieht, kann allerdings seriös erst nach der Anpassung des Fahrpersonalgesetzes und der Fahrpersonalverordnung an die Regeländerungen durch das Mobilitätspaket I beurteilt werden, die wohl bis zum Sommer 2022 abgeschlossen sein sollte.

¹ Anmerkung zum Thema „zulässige Höchstmasse“ (zHm): Relevant ist immer lediglich diese Angabe laut Fahrzeugpapieren, regelmäßig zu finden in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 im Feld F.1 bzw. F.2. Wenn ein Anhänger mitgeführt wird, sind die zHm des Zugfahrzeugs und des Anhängers zu addieren. Leergewichte, Zuladungen und auch die tatsächliche Masse des Fahrzeugs oder der Kombination sind irrelevant. Begriffe wie zulässiges Gesamtgewicht (zGG) oder zulässige Gesamtmasse (zGm) meinen das selbe, sind aber veraltet.

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