Montagefahrzeug mit Anhänger

Ausnahmen von den Lenk- und Ruhezeiten

Insbesondere für Werkverkehrsunternehmen und vom Güterkraftverkehrsrecht freigestellte Beförderungen gibt es im Fahrpersonalrecht zahlreiche Ausnahmen, die je nach Einzelfall zur Anwendung kommen können.

Grundlagen

Dieser Artikel ergänzt meine Ausführungen zur Handwerkerklausel, in denen ich neben den Details dieser speziellen Ausnahme auch einige grundlegende Aspekte beleuchte, die beim Thema „Ausnahmen vom Fahrpersonalrecht“ zu beachten sind – zum Beispiel was es bedeutet, wenn eine Ausnahme nur dann gilt, wenn das Lenken nicht die Haupttätigkeit des Fahrers ist oder wenn eine Umkreisbeschränkung gilt. Wenn eine fahrpersonalrechtliche Ausnahme greift, gilt dies in aller Regel auch für die Verpflichtung, einen Fahrtenschreiber im Fahrzeug eingebaut zu haben. Die damit verbundenen Fragestellungen, also etwa für den Fall, dass ein Fahrtenschreiber eingebaut ist, der nicht benötigt wird oder kein Fahrtenschreiber vorhanden ist, obwohl manche Fahrten aufzeichnungspflichtig sind, habe ich im Artikel „Ausgenommene Fahrten – Fahrtenschreiber?!?“ beleuchtet.

Die folgende Auflistung ist weder vollständig noch gehen meine Erläuterung zu den dargestellten Ausnahmen besonders tief ins Detail und sind in aller Regel auch grob vereinfachend. Ich habe jeweils die Rechtsgrundlagen verlinkt – für einen vollständigen Überblick über die Ausnahmen also bitte direkt in der jeweiligen Verordnung nachschauen. Weiterführende Hinweise zu den einzelnen Ausnahmen sind enthalten in den Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr der obersten Bundes- und Länderbehörden.

Alle fahrpersonalrechtlichen Ausnahmen (und auch jene, der unten genannten anderen Rechtsgebiete) sind sogenannte Legalausnahmen. Das bedeutet vereinfacht, dass all jene die Ausnahme in Anspruch nehmen können, die die im Gesetz oder der Verordnung genannten Sachverhalte erfüllen. Es bedarf KEINER gesonderten behördlichen Ausnahmegenehmigung und genauso wenig bedarf es irgendeines anderen Dokumentes, das bescheinigt, der Ausnahme XY zu unterliegen. Es gibt zumindest in Deutschland auch keine Behörde, die aufgrund einer Rechtsgrundlage befugt wäre, individuell für ein einzelnes Unternehmen oder eine einzelne Person das Vorliegen einer Ausnahme zu bescheinigen. In Kontrollen muss seitens der Kontrollorgane anhand der vorliegenden Einzelfallumstände geprüft werden, ob die Ausnahmetatbestände erfüllt werden oder nicht.

Aber selbst wenn aus einer Kontrolle eine Anzeige folgt, ist das nur der Beginn des Rechtsweges und nicht schon dessen Ende. Eine Prüfung der im Raum stehenden Vergehen durch Experten ist in jedem Fall ratsam und oftmals können Vorwürfe infolge von Straßen- oder Betriebskontrollen auf Basis einer guten Argumentationskette entkräftet werden. Besonders wichtig ist es hierbei, dass die Fahrer und alle anderen Mitarbeiter im Betrieb auch dahingehend geschult sind, wie man sich in Kontrollsituationen richtig verhält und äußert.

Weiterer wichtiger Punkt: Wenn eine fahrpersonalrechtliche Ausnahme greift, unterliegen die vom Arbeitszeitgesetz betroffenen Personen hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung dessen Vorgaben, gegebenenfalls ergänzt oder abgeändert durch tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen. Am Gesamtumfang der erlaubten Arbeitszeiten ändert sich durch die Inanspruchnahme einer fahrpersonalrechtlichen Ausnahme insoweit nichts.

Außerdem ist es wichtig zu betonen, dass zum Beispiel das Berufskraftfahrerqualifikationsrecht (BKrFQG und BKrFQV), das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) oder das Personenbeförderungsrecht (PBefG und FrStllgV) jeweils eigene Ausnahmekataloge aufweisen. Die fahrpersonalrechtlichen Ausnahmen dürfen in keinem Fall einfach auf diese Rechtsbereiche übertragen werden! Auch hier ist eine Einzelfallprüfung durch Experten stets anzuraten.

Ausnahmen nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006

Außer den expliziten fahrpersonalrechtlichen Ausnahmen, die in den Artikeln 3 und 13 der VO (EG) Nr. 561/2006 dokumentiert sind, besteht eine Ausnahme auch für alle Fahrzeuge oder Beförderungen, die nicht dem Geltungsbereich des Fahrpersonalrechts zugeordnet werden können. Dazu hilft ein Blick in Artikel 2 der VO (EG) Nr. 561/2006:

Artikel 2
(1) Diese Verordnung gilt für folgende Beförderungen im Straßenverkehr:

a) Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt,
aa) ab dem 1. Juli 2026 bei grenzüberschreitenden Güterbeförderungen oder bei Kabotagebeförderungen mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 2,5 Tonnen übersteigt, oder
b) Personenbeförderung mit Fahrzeugen, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers konstruiert oder dauerhaft angepasst und zu diesem Zweck bestimmt sind.

Somit sind im Umkehrschluss (fast) alle Fahrzeuge ausgenommen, die aufgrund ihrer Bauart weder der Güter- noch der Personenbeförderung dienen können. Das wäre grundsätzlich bei selbstfahrenden Arbeitsmaschinen der Fall, wenn diese einerseits entsprechend zugelassen sind und andererseits bauartbedingt keine Möglichkeit bieten, Güter zu befördern. In der Realität sind aber nicht alle entsprechend zugelassenen Fahrzeuge ausgenommen, da die Auslegung durch die Behörden und auch die Rechtsprechung teilweise zu einem abweichenden Ergebnis kommt – eine Einzelfallprüfung ist hier also stets angebracht.

OBACHT: Handelt es sich bei einer Arbeitsmaschine nicht um eine selbstfahrende, sondern um eine angehängte Arbeitsmaschine, gilt nach Ansicht der obersten Behörden des Bundes und der Länder auf deutschem Hoheitsgebiet folgendes: „Bei einem Fahrzeuggespann aus Zugfahrzeug und Arbeitsmaschine (z.B. Kompressor, landwirtschaftliches Arbeitsgerät) ist die Arbeitsmaschine bei der Berechnung der zulässigen Höchstmasse mit einzubeziehen. Zugmaschinen, die Arbeitsgeräte oder -maschinen ziehen oder an denen solche Geräte angekoppelt sind, unterfallen unabhängig vom Gewicht der Zugmaschine den Sozialvorschriften im Straßenverkehr (FPersV bzw. VO (EG) Nr. 561/2006), sofern die zulässige Höchstmasse des Gespanns mehr als 2,8 t beträgt.

Im Artikel 3 der VO (EG) Nr. 561/2006 sind unter anderem folgende Ausnahmen für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t – faktisch aber auch mit mehr als 2,8 t – zulässiger Höchstmasse (zHm) zu finden:

b) Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h
Darunter fallen insbesondere land- oder forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge oder auch Spezialfahrzeuge, die von Spediteuren/Lagerhaltern und Frachtführern für das Umsetzen von Sattelaufliegern, Wechselbrücken oder Containerchassis auf dem Betriebsgelände verwendet werden. Teilweise bietet es sich an, die (bauartbedingte) Maximalgeschwindigkeit eines Fahrzeugs anpassen zu lassen, um von der Ausnahme Gebrauch machen zu können. Die Drosselung muss technischer Art sein und in den Fahrzeugpapieren eingetragen.

f) spezielle Pannenhilfefahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von 100 km um ihren Standort eingesetzt werden
Gilt nur für Fahrzeuge, die speziell ausgerüstet und auch so zugelassen sind (vgl. § 52 Absatz 4 Nr. 2 StVZO). Kurioserweise gibt es aber keine Einschränkung hinsichtlich der beförderten Güter – es dürfen also auch andere Güter als Fahrzeuge befördert werden.

g) Fahrzeuge, mit denen zum Zweck der technischen Entwicklung oder im Rahmen von Reparatur- oder Wartungsarbeiten Probefahrten auf der Straße durchgeführt werden, sowie neue oder umgebaute Fahrzeuge, die noch nicht in Betrieb genommen worden sind
Hierunter fallen alle speziell zugelassenen Erprobungsfahrzeuge von Kraftfahrzeugherstellern bzw. -zulieferern und Dienstleistern rund um die Erprobung von Fahrzeugen. Außerdem profitieren alle Kfz-Reparaturwerkstätten, die vor oder nach Reparaturen mit den Kundenfahrzeugen Probefahrten durchführen müssen um den Schaden bzw. dessen Behebung feststellen zu können. Als dritter Punkt sind Fahrten ausgenommen mit Fahrzeugen, die noch niemals zum Straßenverkehr zugelassen waren (also etwa die Überführung des noch nicht zugelassenen Neufahrzeugs auf eigener Achse vom Werk des Herstellers zum Unternehmenssitz) oder die so massiv verändert/umgebaut wurden, dass sie ihre Typ-/Bauartgenehmigung eingebüst haben.

h) Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung verwendet werden
Darunter fallen alle REIN privat motivierten Fahrten zur Beförderung von Gütern. Seit 20. August 2020 gibt es eine offizielle Definition (vergleiche Artikel 4 Buchstabe r) der VO (EG) Nr. 561/2006): „„Nichtgewerbliche Beförderung“ [meint] jede Beförderung im Straßenverkehr, außer Beförderungen auf eigene oder fremde Rechnung die weder direkt noch indirekt entlohnt wird und durch die weder direkt noch indirekt ein Einkommen für den Fahrer des Fahrzeugs oder für Dritte erzielt wird und die nicht im Zusammenhang mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit steht.“ Übersteigt die zHm 7,5 t, sind auch Privatfahrten aufzeichnungs- und nachweispflichtig nach allen Regeln der fahrpersonalrechtlichen Kunst.

i) Nutzfahrzeuge, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie verwendet werden, als historisch eingestuft werden und die zur nichtgewerblichen Güter- oder Personenbeförderung verwendet werden
Von dieser Ausnahme profitieren alle, die einen LKW oder Omnibus mit H-Kennzeichen besitzen und mit diesem privat unterwegs sind (Definition siehe Buchstabe h)).

Ausnahmen nach der Fahrpersonalverordnung

Im § 1 Absatz 2 der Fahrpersonalverordnung sind unter anderem folgende Ausnahmen für Fahrzeuge zwischen mehr als 2,8 und nicht mehr als 3,5 t zHm zu finden:

4. Fahrzeuge, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf verwendet werden und für diese Zwecke besonders ausgestattet sind, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt
Wenn ein Händler seine Ware ambulant aus einem Fahrzeug heraus verkauft, kann diese Ausnahme gelten. Voraussetzung ist unter anderem, dass es sich bei dem Fahrzeuge (oder dem Anhänger) um ein „Spezialfahrzeug“ handelt. Es geht also um Fahrzeuge „mit jeweils für diesen Zweck bestimmter, besonderer Ausstattung, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf dienen“. Wenn zudem das Fahren nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt sind derartige Fahrzeugeinsätze ausgenommen (vgl. unbedingt auch zu den weiteren Details die Abschnitte 2.1.2 und 5.3.5 des Auslegungsleitfadens). Eine Einzelfallprüfung ist hier grundsätzlich anzuraten.

5. selbstfahrende Arbeitsmaschinen nach § 2 Nr. 17 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
In der Auffassung der Behörden und auch der Rechtsprechung stellt sich „die“ selbstfahrende Arbeitsmaschine nach § 2 Nr. 17 FZV durchaus stark abweichend von der landläufigen Wahrnehmung dieser Fahrzeuggattung dar. Eine Einzelfallprüfung ist – wie bereits oben erläutert – in jedem Fall zu empfehlen. Wenn auch Güter befördert werden können ist generell zu hinterfragen, ob der Transport der Gutes oder die mit dem Gut ausgeführte Arbeitsleistung im Vordergrund steht.
OBACHT: Handelt es sich bei einer Arbeitsmaschine nicht um eine selbstfahrende, sondern um eine angehängte Arbeitsmaschine, gilt nach Ansicht der obersten Behörden des Bundes und der Länder auf deutschem Hoheitsgebiet folgendes: „Bei einem Fahrzeuggespann aus Zugfahrzeug und Arbeitsmaschine (z.B. Kompressor, landwirtschaftliches Arbeitsgerät) ist die Arbeitsmaschine bei der Berechnung der zulässigen Höchstmasse mit einzubeziehen. Zugmaschinen, die Arbeitsgeräte oder -maschinen ziehen oder an denen solche Geräte angekoppelt sind, unterfallen unabhängig vom Gewicht der Zugmaschine den Sozialvorschriften im Straßenverkehr (FPersV bzw. VO (EG) Nr. 561/2006), sofern die zulässige Höchstmasse des Gespanns mehr als 2,8 t beträgt.

Im § 18 Absatz 1 der Fahrpersonalverordnung sind die Ausnahmen umgesetzt, die die VO (EG) Nr. 561/2006 im Artikel 13 enthält. Auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland sind unter anderem folgende Ausnahmen für Fahrzeuge mit mehr als 2,8 t zHm anwendbar:

2. Fahrzeuge, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschaft- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung, insbesondere auch zur Beförderung lebender Tiere, im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet oder von diesen ohne Fahrer angemietet werden
Diese Ausnahme betrifft lediglich Betriebe, die an der Urproduktion (von Lebensmitteln, Holz, Gewächsen aller Art, …) beteiligt sind. Ausgenommen ist die nur die Beförderung eigener Produkte oder Bedarfsgüter, Handelsware ist nicht ausgenommen.

3. Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, die für land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet werden, das das Fahrzeug besitzt, anmietet oder least
Kritisch sind bei dieser Ausnahme insbesondere sogenannte Lohnfuhrunternehmen, die Transportdienstleistungen für Land- oder Forstwirte erbringen und dabei in aller Regel als Frachtführer tätig sind, weshalb sie von dieser Ausnahme nicht profitieren können.

6. Fahrzeuge, die im Umkreis von 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens zur Güterbeförderung mit Druckerdgas-, Flüssiggas- oder Elektroantrieb verwendet werden und deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 7,5 Tonnen nicht übersteigt
Diese Ausnahme könnte gegebenenfalls mit der nächsten Novelle des nationalen Fahrpersonalrechts kassiert werden, da alternativ angetriebene Nutzfahrzeuge mehr und mehr für gewerbliche Güterbeförderungen eingesetzt werden und somit die Schutzzwecke der Norm in Gefahr sind, wenn insbesondere Beförderungen im gewerblichen Güterkraftverkehr nicht mehr dem Fahrpersonalrecht unterliegen.
Bei gasbetriebenen Fahrzeugen ist zu beachten, dass lediglich monovalente Fahrzeuge betroffen sind – bivalente oder nachgerüstete Fahrzeuge, bei denen zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, hauptsächlich mit Otto- oder Dieselkraftstoff unterwegs zu sein, fallen raus. Bei den Elektroantrieben besteht keine Differenzierung zwischen rein batterieelektrischen oder Brennstoffzellenantrieben. Hybride jeglicher Form dürften nicht Elektroantrieb durchgehen.
Anmerkung: Da das Fahrpersonalgesetz und die Fahrpersonalverordnung aufgrund des EU-Mobilitätspaket I an den neuen Rechtsstand angepasst werden (müssen), könnte es passieren, dass diese und ggf. weitere Ausnahmen gestrichen oder inhaltlich verändert werden. Die überarbeiteten Rechtsgrundlagen werden vermutlich im ersten Halbjahr 2022 veröffentlicht.

7. Fahrzeuge, die in Verbindung mit der Instandhaltung von Kanalisation, Hochwasserschutz, Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung, Straßenunterhaltung und -kontrolle, Hausmüllabfuhr, Telegramm- und Telefondienstleistungen, Rundfunk und Fernsehen sowie zur Erfassung von Radio- beziehungsweise Fernsehsendern oder -geräten eingesetzt werden
Von dieser Ausnahme profitieren viele Unternehmen, die im Kontext der Daseinsvorsorge elementare Infrastruktur betreiben bzw. instandhalten. Wichtig ist, dass der Bau und die Errichtung entsprechender Einrichtungen nicht von der Ausnahme umfasst sind. Auch Fahrzeuge, mit denen im Auftrag der zuständigen Behörde/Gebietskörperschaft Winterdienst erbracht wird, können hierdurch ausgenommen sein. Erneut wird eine Einzelfallprüfung dringend empfohlen.

11. speziell für mobile Projekte ausgerüstete Fahrzeuge, die hauptsächlich im Stand zu Lehrzwecken verwendet werden
Diese Ausnahme liest sich sehr abstrakt. Betroffen können zum Beispiel Messemobile oder Showtrucks von produzierenden Betrieben sein, in die die Anschauungsobjekte fix eingebaut sind. Das Fahrzeug oder der Anhänger wird dann zum Ort des Geschehens verbracht, an dem die Interessenten das Fahrzeug oder den Anhänger betreten und alle die schönen Produkte betrachten können. Auch Tagungsräume, die bei mobilen Events/Einsätzen benötigt werden, können betroffen sein. Die Standzeit des Fahrzeugs/Anhängers sollte die Fahrzeit deutlich übersteigen. Ein ansehnliches Beispiel eines „Info-Mobils“, das in diese Ausnahme fällt, ist oben abgebildet.

Sonderfälle in Deutschland

Die obersten Behörden des Bundes und der Länder kümmern sich gemeinsam um die Hege und Pflege des Fahrpersonalrechts in Deutschland. Dazu zählt unter anderem, dass mehr oder weniger alltägliche, jedenfalls aber auslegungsbedürftige Sachverhalte einer behördlichen Handhabung zugeführt werden müssen, wovon die Betroffenen in aller Regel profitieren, da dadurch eine für föderalistische Verhältnisse weitgehend einheitliche Auslegung dieser Sachverhalte erfolgt. Hinsichtlich der Ausnahmen vom Fahrpersonalrecht finden sich in den hier und in anderen Artikeln mehrfach bemühten „Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr“ der obersten Bundes- und Länderbehörden manche Aussagen.

a) Die im § 1 Absatz 2 Nr. 4 FPersV formulierte Ausnahme für Fahrzeuge, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf verwendet werden und für diese Zwecke besonders ausgestattet sind, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt, gilt auch für Fahrzeuge oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen mit einer zHm zwischen mehr als 3,5 t und nicht mehr als 7,5 t innerhalb eines Umkreises von 100 km Luftlinie um den Unternehmensstandort (Details weiter oben im entsprechenden Abschnitt). Dass dem so ist, ist historisch wohl begründet und in der Sache auch zu begrüßen, rein juristisch seit einer leicht verunglückten Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht jedoch nicht mehr nachvollziehbar. Fundstelle in den Hinweisen: Abschnitt 2.1.2.

b) Werkstattwagen: „Werkstattwagen, die bei Montagen und Reparaturen eingesetzt werden und die mit Werkbänken und Regalen ausgestattet sind, unterliegen nicht dem Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 561/2006, da mit diesen Fahrzeugen bei bestimmungsgemäßer Verwendung keine gewerbliche Güterbeförderung betrieben wird. Voraussetzung ist, dass die Einrichtung fest im Fahrzeug eingebaut ist und das Arbeiten im oder unmittelbar am Fahrzeug ermöglicht. Die Ausstattung und das transportierte Material (z.B. Arbeitsgerät, Werkzeug, Ersatzteile) müssen bei der auszuführenden Werkleistung Verwendung finden.“ Eine Tonnage-Beschränkung für Werkstattwagen gibt es nicht, ebenso keine Umkreisbeschränkung. Verwechslungen mit Fahrzeugen, die im Rahmen der sogenannten Handwerkerregelung eingesetzt werden, sind nicht auszuschließen, sollten aber – soweit dies nicht schädlich ist – durch eine Einzelfallprüfung vermieden werden. Fundstelle in den Hinweisen: Abschnitt 1.4.

c) Wohnmobile: „Wohnmobile dienen grundsätzlich nicht dem Gütertransport und haben in der Regel weniger als 8 Fahrgastplätze. Sie unterliegen in diesen Fällen nicht den Sozialvorschriften im Straßenverkehr. Fahrer von Wohnmobilen, die zur gewerblichen Güterbeförderung eingesetzt werden, unterliegen den Sozialvorschriften im Straßenverkehr nach denselben Kriterien wie Fahrer aller anderen Fahrzeuge. Keine Anwendung finden die Sozialvorschriften, wenn ein Wohnmobil zur nichtgewerblichen Güterbeförderung eingesetzt wird, soweit die zHm des Wohnmobils 7,5 t nicht überschreitet (Art. 3 Buchst. h VO (EG) Nr. 561/2006). […] Für das Vorliegen eines Gütertransports ist es unschädlich, dass ein Fahrzeug auch mit einem Wohnwagenteil mit Übernachtungsmöglichkeiten versehen ist. Dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 165/2014 ist nicht zu entnehmen, dass das Fahrzeug ausschließlich der Güterbeförderung dienen muss.“ Fundstelle in den Hinweisen: Abschnitt 1.6.

Übersicht der Ausnahmen in den EU-Mitgliedstaaten

Da die Ausnahmen nach Artikel 13 der VO (EG) Nr. 561/2006, die in Deutschland im § 18 FPersV zu finden sind, individuell durch die jeweiligen EU-Mitgliedstaaten auf ihrem Hoheitsgebiet umgesetzt werden müssen, um im jeweiligen Mitgliedstaat zu gelten, hat die EU-Kommission ein Dokument veröffentlicht, aus dem sich herauslesen lässt, welche Ausnahmen in welchem Mitgliedstaat in nationales Recht überführt wurden. Bitte beachten Sie die von manchen Mitgliedstaaten festgelegten zusätzlichen Einschränkungen oder Abweichungen bei den einzelnen Ausnahmen, die in dem verlinkten Dokument aufgeführt sind.

Außerdem ist zu beachten, dass die Ausnahmen nach Artikel 13 der VO (EG) Nr. 561/2006 durch die jeweiligen nationalen Behörden und insbesondere durch die nationale Rechtsprechung ausgelegt und ausgestaltet wurden und werden. Sie sollten sich also nicht darauf verlassen, dass auch ausländische Kontrollorgane oder Gerichte „unserer“ Interpretation einer Ausnahme folgen. Gegebenenfalls finden Sie bei den Auslandshandelskammern oder einer im jeweiligen Land ansässigen spezialisierten Rechtsberatung weiterführende Informationen.

Bei Ausnahmen, die nur in einem gewissen Umkreis gelten, sind unter Berücksichtigung der zuvor geäußerten Einschränkung auch Fahrten ins Ausland möglich, wenn der Standort des Unternehmens entsprechend „grenznah“ ist. Zu den Details, welcher Ausgangspunkt für die Berechnung des Umkreise zugrundezulegen ist, haben sich die obersten deutschen Bundes- und Länderbehörden in ihren Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Abschnitt 6.2.1 und 6.2.2 geäußert.

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