leichtes Nutzfahrzeug mit angehängter Arbeitsmaschine (Häcksler)

Die Handwerkerregelung in der Praxis

Die sogenannte Handwerkerregelung oder auch Handwerkerklausel ist eine Ausnahme von den Lenk- und Ruhezeitvorschriften, die von sehr vielen Unternehmen, die Fahrzeuge als Mittel zum Zweck einsetzen, in Anspruch genommen werden kann. Da es sich um eine Ausnahme handelt, die in der praktischen Anwendung durchaus tückisch sein kann ist es besonders wichtig zu prüfen, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Einführung und Grundlagen

Bei einem komplexen und Kosten verursachenden Thema wie den Lenk- und Ruhezeiten den Wunsch zu hegen, sich den ganzen Ärger in Form einer Ausnahme vom Hals zu halten, ist nachvollziehbar. Und für sehr viele Unternehmen, die ihr Geld nicht allein mit der Beförderung von Personen oder Gütern verdienen, gelingt dies auch. Dennoch ist es wichtig, den Fahrzeugeinsatz in der Gesamtheit in den Blick zu nehmen, weil es doch recht häufig vorkommt, dass nicht alle Fahrten im Rahmen der Ausnahme stattfinden, sondern, sofern eine Aufzeichnungspflicht nicht eindeutig erkennbar ist, zumindest in Graubereichen operiert wird. Diese komplexe Fragestellung soll hier anhand der Handwerkerklausel durchexerziert werden, da diese Ausnahme im gewerblichen Fahrzeugeinsatz die wohl am häufigsten genutzte fahrpersonalrechtliche Ausnahme darstellt.

In einem gesonderten Artikel habe ich weitere Ausnahmen von den Lenk- und Ruhezeitvorschriften zusammengefasst. Da im Zusammenhang mit ausgenommenen Fahrten auch sehr viele Fragen rund um das Thema Fahrtenschreiber aufkommen, habe ich dazu ebenso in einem weiteren Artikel einige wichtige Punkte und Fakten zusammengestellt.

Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen zwischen 2,8 und 3,5 t

Bei rechtlichen Vorgaben ist es grundsätzlich immer gut, zunächst mit dem Gesetzestext zu starten. Hier die klassische Handwerkerklausel für Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse¹ (zHm – inklusive einem gegebenenfalls angehängten Anhänger) zwischen mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 3 der Fahrpersonalverordnung:
[Die Pflicht zur Einhaltung und Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten] findet keine Anwendung auf Fahrzeuge, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt.

Vor einigen Jahren wurde diese Ausnahme noch ergänzt um eine „erweiterte Handwerkerregelung„, die für die selbe Gewichtsklasse gilt, aber in § 1 Absatz 2 Nr. 3a  der Fahrpersonalverordnung formuliert wurde:
[Die Pflicht zur Einhaltung und Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten] findet keine Anwendung auf Fahrzeuge, die zur Beförderung von Gütern, die im Betrieb, dem der Fahrer angehört, in handwerklicher Fertigung oder Kleinserie hergestellt wurden oder deren Reparatur im Betrieb vorgesehen ist oder durchgeführt wurde, verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt.

Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Ausnahmen NICHT begrenzt sind auf einen spezifischen Aktionsradius um den Unternehmensstandort herum. Diese Limitierung gilt nur für Fahrzeuge über 3,5 t, mit denen es nun weitergeht.

Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen zwischen 3,5 und 7,5 t

Für Fahrzeuge oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen mit mehr als 3,5 t und bis zu 7,5 t zHm ist die Ausnahme nicht im nationalen Recht, sondern im EU-Recht, hier der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 geregelt. In deren Artikel 3 Buchstabe aa) steht seit dem 20. August 2020 folgendes:
[Diese Verordnung gilt nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit] Fahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 Tonnen, die

i) zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen benutzt werden, die der Fahrer zur Ausübung seines Berufes benötigt, oder
ii) zur Auslieferung von handwerklich hergestellten Gütern,

ausschließlich in einem Umkreis von 100 km [Luftlinie] vom Standort des Unternehmens, und unter der Bedingung, dass das Lenken des Fahrzeugs für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt und dass die Beförderung nicht gewerblich erfolgt.
(Wobei „nicht gewerblich“ lediglich bedeutet, dass diese Ausnahme nicht von Unternehmen genutzt werden darf, die Güter für Dritte gegen Entgelt im sogenannten gewerblichen Güterkraftverkehr befördern. Letztlich handelt es sich um einen Übersetzungsfehler, da in der englischen Fassung nur der Transport gegen Entgelt ausgeschlossen ist).

Seit 20. August 2020 wurde durch rechtliche Änderungen („EU-Mobilitätspaket I“) klargestellt, dass von der Handwerkerklausel nach EU-Recht (Fahrzeuge zwischen mehr als 3,5 t und nicht mehr als 7,5 t) nur noch Unternehmen Gebrauch machen können, die im Werkverkehr tätig sind oder gewerbliche Beförderungen durchführen, die von den güterkraftverkehrsrechtlichen Vorschriften ausgenommen sind. Werkverkehr ist definiert im § 1 Absätze 2 und 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG), freigestellte Beförderungen sind im § 2 GüKG aufgelistet. Diese Änderung hat aber eigentlich nur atmosphärischen Nutzen, da die Anwendung im gewerblichen Güterkraftverkehr rein praktisch (nahezu) unmöglich ist.

Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen über 7,5 t

Bei Beförderungen mit Fahrzeugen oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen, deren zHm mehr als 7,5 t beträgt, kann die Handwerkerregelung NIEMALS in Anspruch genommen werden! Wer einen 7,5-t-LKW mit Anhänger betreibt, muss zumindest diese Fahrten immer aufzeichnen (oder zumindest immer dann, wenn sich keine andere Ausnahme nutzen lässt, die ohne Tonnage-Limitierung daherkommt).

Einsortierung der Begrifflichkeiten

Allein auf Basis des Gesetzestextes gelingt es nicht immer, die im Betrieb anfallenden Fahrten korrekt einzusortieren. Deshalb ein paar grundlegende Hinweise zur Intention des Gesetzgebers. Ausgenommen sein sollen einerseits alle Fahrten, bei denen das Fahrzeug lediglich Mittel zum Zweck ist, um vor Ort beim Kunden oder am Ort des Geschehens arbeitsfähig zu sein. Daher die „Einschränkung“ auf die Beförderung von Material, Ausrüstung oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt.

Außerdem sollen sowohl von den EU-Vorschriften wie auch vom nationalen Recht Auslieferungsfahrten von handwerklich hergestellten Gütern ausgenommen sein, wobei bislang keine gesetzliche oder aus der Rechtsprechung ableitbare Definition eines handwerklich hergestellten Gutes verfügbar ist. Gleiches gilt für die im nationalen Recht zu findende Erweiterung der Ausnahme nach Nummer 3a auf in Kleinserie hergestellte Güter – was eine Kleinserie ist, bei welcher Stückzahl diese beginnt und auch wieder endet, ist noch nicht offiziell definiert worden.

Was ist ein handwerklich hergestelltes Gut?

Eine UNVERBINDLICHE Einschätzung meinerseits: Sofern ein Produkt nicht ausschließlich und auch nicht weitestgehend rein maschinell hergestellt wird, ist das Tor zur handwerklichen Fertigung eröffnet. Das bedeutet meines Erachtens aber nicht, dass es für diese Eigenschaft allein genügt, wenn ein Mitarbeiter „kurz mal“ Hand angelegt hat. Ich gehe davon aus, dass es einer (durchaus auch intensiveren) manuellen Bearbeitung bedarf, die in aller Regel auch vom jeweiligen Mitarbeiter nur deshalb ausgeführt werden kann, weil er dafür besonders ausgebildet bzw. qualifiziert ist. Besondere Qualifizierung darf meines Erachtens aber nicht heißen, dass wir es stets mit einem Facharbeiter zu tun haben müssen, der eine duale Ausbildung genossen haben muss.
Was ja ganz offensichtlich ausgenommen sein soll sind zum Beispiel regional etablierte mittelgroße Bäckereibetriebe (=Handwerksbetrieb), die ihre fünf oder zehn oder 15 Verkaufsfilialen in der Region von der Zentralbäckerei aus mit Ware beliefern. Natürlich gibt es da einen Bäckermeister, aber die einzelnen Brezeln und kann auch eine angelernte Kraft „verknoten/flechten“. Übertragen auf den Industriebetrieb, der „manufakturähnlich“ handwerklich fertigt bedeutet das für mich, dass es zwar fachlich hochversierter Fachkräfte bedarf, der eine oder andere Arbeitsschritt an der Wasauchimmer-Maschine aber sicher auch von einer angelernten Kraft erledigt werden kann und allein deshalb das Gut nicht den Charakter eines handwerklich hergestellten Produktes einbüßt.

Was ist eine Kleinserie?

Dazu ebenso eine UNVERBINDLICHE Einschätzung meinerseits: Sich mit der Frage auseinanderzusetzen, in welchen Wirtschaftsbereichen eine Kleinserienproduktion anzutreffen sein könnte, ist meines Erachtens der erste Schritt. Das Handwerk im engeren Sinne, das ja auch produzierend auftreten kann, ist hier vielleicht grundsätzlich auszuklammern, da es sich ja stets, also auch dann, wenn etwas nur in geringer Stückzahl hergestellt wird, auf die handwerkliche Art und Weise der Produktion berufen kann und insoweit das „bessere“ da diskussionsunfreudigere Einfallstor in die Ausnahme wahrnehmen kann. Bleibt noch das produzierende Gewerbe im weitesten Sinne, also das, was man gemeinhin vielleicht als Industrie bezeichnet (soweit die Produkte nicht rein verarbeitend hergestellt werden). Wenn hier einzelne Produktgattungen eben nicht manufakturähnlich, sondern meinetwegen rein maschinell entstehen und zugleich in einer auf den gesamten Output des Unternehmens absolut überschaubaren Anzahl, könnte man behaupten, dass die Beförderung dieser Güter, wenn das Unternehmen sie selbst erbringt (mit Fahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen bis 3,5 t zHm, denn nur hier gilt die Kleinserienausnahme), ausgenommen sei.
Schwierig ist nur, die Verhältnisse einzusortieren. Nimmt man beispielsweise einen Kraftfahrzeughersteller, findet sich in dessen Produktportfolio gegebenenfalls ein Modell, von dem bei einer Gesamtjahresproduktion von 900.000 Fahrzeugen nur 35 Stück abgesetzt werden. Selbst wenn man dieses eine Modell landläufig als Kleinserie deuten möchte, könnte man auch behaupten, dass ein Großserienhersteller von 900.000 Fahrzeugen insgesamt betrachtet gar keine Kleinserie herstellen kann, da ja bestimmt irgendwelche Gleichteile zu anderen Modellreihen Eingang in das „Kleinserienmodell“ finden. Einfacher wäre dies alles bei Einzelprodukten, zum Beispiel wenn ein Metall verarbeitender Betrieb von einem speziellen Produkt, etwa einer Halbwelle aus einem speziellen Stahl, jährlich (?!) nur sehr wenige Stücke produziert. Insoweit können gegebenenfalls folgende Punkte im Einzelfall einen Hinweis liefern, ob es sich um eine Kleinserie handelt: Umsatzanteil des Produktes am Gesamtumsatz; Stückzahl des Produktes gegenüber der Gesamtstückzahl an produzierten Produkten; Individualität des Produktes gegenüber anderen Produkten (sollte meines Erachtens stark ausgeprägt sein); im Gegenzug: Anteil an verbauten Gleichteilen mit anderen Produkten des Unternehmens; … Final bleibt festzuhalten, dass Rechtssicherheit bei der Inanspruchnahme der Kleinserienausnahme nicht ohne weiteres herzustellen ist und im Zweifel ein Gerichtsprozess mit ungewissem Ausgang in Kauf zu nehmen ist.

Welche Tätigkeiten fallen unter die Handwerkerregelung?

Abgesehen von jenen Fahrern, die hin und wieder handwerklich oder in Kleinserie hergestellte Güter des eigenen Unternehmens befördern, geht es im Kernbereich der Handwerkerklausel bzw. Handwerkerregelung um alle wie Handwerker Tätigen, also auch alle, die kein Handwerker im engeren Sinne sind, aber für die Erbringung Ihrer (Dienst-) Leistungen Gerätschaften, Werkzeuge und Arbeitsmaterialien einsetzen müssen. Dabei wäre zu denken an einen Vermessungstechniker oder einen Ingenieur, der zum Beispiel gutachterlich tätig ist und zur Erstellung seines Gutachtens auf mitgeführte Gerätschaften zurückgreifen muss. Auch denkbar ist ein mobiler Hausmeister, der für mehrere Immobilien zuständig ist und Ersatzteile und Werkzeuge im Fahrzeug mitführt. Hier wäre auch an das Thema mobile Gebäudereinigung zu denken. Oder ein Fotograf (der ja sogar Handwerker im engeren Sinne ist), der neben seiner Fotoausrüstung auch Beleuchtungsequipment und andere Ausrüstung befördern muss. Oder ein Tontechniker, der Mischpult, Kabel, Mikrofone etc. zum Ort des Geschehens bringt, die er zur Durchführung seines Auftrages benötigt. Diese Liste ließe sich ellenlang fortführen.

Demgegenüber gibt es nur wenige Einschränkungen, die offiziell bekannt gegeben wurden. Eine für viele Unternehmen schmerzhafte Einschränkung besteht insbesondere bei Außendienstmitarbeitern oder Handelsvertretern, die ein Produkt beim Kunden „nur“ präsentieren. Dazu haben die obersten Behörden des Bundes und der Länder festgehalten, dass hier die Handwerkerklausel NICHT greifen kann, etwa weil die Tätigkeit nicht darauf zielt, produktiv im weitesten Sinne mit den beförderten Produkten zu arbeiten. Das leuchtet auch insoweit ein, als ja in fast allen Fällen nicht Material, Ausrüstung oder Maschinen befördert werden, sondern eben nur ein (fertiges) Produkt.

Natürlich gibt es hier auch wieder Grauzonen, etwa wenn der Außendienstler das Produkt mithilfe von Werkzeug oder Maschinen erstmal aufwendig „konfigurieren“ muss, bevor er es vorführen kann. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn landwirtschaftliche Anbaugeräte an einen Traktor zunächst angebaut werden müssen, bevor der Landwirt einen Live-Test auf dem Acker durchführen kann. Fraglich wäre hier, ob das Anbauen eher wie Plug & Play vonstatten geht, oder ob es zunächst intensiver Umbauarbeiten bedarf, bis das Anbaugerät eingesetzt werden kann. Oder die Leistung ist eine Kombination aus Produktpräsentation und Wartung/Instandhaltung. Wenn der Landwirt bereits Produkte des Unternehmens einsetzt und in der Brust des Außendienstlers auch das Herz eines Servicetechnikers schlägt, wäre die Tätigkeit in der Gesamtbetrachtung insbesondere dann anders einzuschätzen, wenn der Zeitanteil für die Serviceleistung gegenüber der Produktpräsentation deutlich überwiegt. Außerdem liegt es auch in der Entscheidung des Unternehmens, wo der Schwerpunkt gesetzt wird.

Auch wenn die reine Ortsveränderung des beförderten Gutes im Vordergrund steht, wird es in vielen Fällen schwierig sein, von der Handwerkerklausel Gebrauch zu machen. Das wäre auch bei der Rohstoffbeschaffung bei einem Großhändler oder anderen Lieferanten gegeben, wenn zum Beispiel der Tischler/Schreiner sich zunächst mal Holz und Beschläge oder Nägel und Schrauben beschafft. Hierzu wurde aber von den Behörden klargestellt, dass die Beschaffung von Rohstoffen oder auch Transporte zu Dienstleistern (zum Beispiel zum Lackierer, Trockeneisstrahler, Verchromer und so weiter), deren Leistung für die Erstellung des Produktes notwendig oder wichtig ist, in die Handwerkerklausel „inkludiert“ sind. Bedeutsam ist hierbei, dass das Produkt oder Gut, das solchen „Veredelungen“ unterzogen wird, früher oder später auch im Zuge der Handwerkerklausel befördert wird – und sei es nur bei seiner letzten Fahrt zum Kunden oder Einbauort, wo es dann mithilfe von mitgeführtem Material, Ausrüstung oder Maschinen (aufwändig) ein- oder zusammengebaut wird. Die Zwischendurch-Beförderung sind von Mitarbeitern durchzuführen, die in den (handwerklichen) Herstellungs- oder späteren Montageprozess eingebunden sind, also gerade nicht vom Logistikmitarbeiter aus der Versandabteilung oder vom in Rente befindlichen Aushilfsfahrer auf 450-€-Basis (zumal hier das Lenken auch nur ganz selten nicht die Haupttätigkeit ist).

Finden die Beförderungen zum Veredeln oder Bearbeiten während des Herstellungsprozesses jedoch losgelöst von einer weitestgehend handwerklichen Tätigkeit statt, also beispielsweise im Industriebetrieb, der Metallteile (maschinell) herstellt und diese zum Entgraten drei Ortschaften entfernt abliefert und gleich die vorige Fuhre wieder mitnimmt, seine Rohstoffanlieferungen und auch die Fertigteilelogistik aber über Frachtführer abwickelt, also gerade mit der Beförderungen der fertigen Produkten nicht auf die Handwerkelklausel zurückgreift, wird bei den Veredelungsfahrten zum Entgrater eine Aufzeichnungspflicht anzunehmen sein. Hier steht die Ortsveränderung im Vordergrund.

Entscheidend ist auch, wer fährt

Wenn geklärt ist, ob das Tätigkeitsprofil im Einzelfall „passt“, sind weitere Kriterien für die Inanspruchnahme der Handwerkerklausel zu klären. Entscheidend für die legale Anwendung ist, dass derjenige, der mit dem Material, den Maschinen oder der Ausrüstung tätig wird oder geworden ist, das Fahrzeug selbst führt.
Wenn beispielsweise im Garten- und Landschaftsbaubetrieb ein Mitarbeiter dafür eingesetzt ist, zwischen den Baustellen und dem Baustoffgroßhändler hin und her zu fahren und für seine Kollegen auf der einen Baustelle zwei Tonnen Kies und für die anderen Kollegen, die im Nachbarort arbeiten, anderthalb Tonnen Sand anzuliefern, oder wenn dieser Fahrer beispielsweise den benötigten Minibagger nur zur Baustelle anliefert, nachher aber nicht selbst die Löcher gräbt, ist vollkommen klar, dass dieser Fahrer nicht „sein“ Arbeitsmaterial, sondern das seiner Kollegen befördert.
Gleiches wäre auch gegeben, wenn im Kfz-Reparaturbetrieb keine Lackierbox vorhanden ist und das zu reparierende Fahrzeug deshalb 500 Meter weit zur Lackiererei gefahren werden muss. Hinterm Steuer sitzt dann bitte der Mechaniker, nicht der Serviceberater oder der „Chef“.
Und hier kommen wir auch schon zu einem weiteren Punkt, der immer erfüllt sein muss, wenn die Handwerkerklausel Anwendung finden soll.

Lenken als Haupttätigkeit des Fahrers?

Das Lenken darf nämlich NICHT die Haupttätigkeit des Fahrers sein. Das ist eine recht schwammige Formulierung, die sich oftmals auf die konkreten Gegebenheiten nur schwer übertragen lässt, etwa wenn das betriebene Geschäft von saisonalen Spitzen oder ständig wechselnden Lastverteilungen geprägt ist. Oder wenn man eigentlich immer nur regional aktiv ist, dann aber doch auch mal ein Auftrag in 500 Kilometer Entfernung möglich wäre. Ab wann handelt es sich also beim Lenken um die Haupttätigkeit? Ich höre immer wieder von prozentualen Grenzen, also im Regelfall von maximal 49,99 Prozent Lenktätigkeit. Das ist Unfug!
Die obersten Behörden des Bundes und der Länder haben in ihren Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Abschnitt 6.2.3 klargestellt, dass das Führen eines Fahrzeugs im Rahmen der gesamten Tätigkeit des Fahrers lediglich eine Hilfstätigkeit sein darf, also Mittel zum Zweck, um vor Ort arbeitsfähig zu sein. „Ist das Fahren die Haupttätigkeit und fallen die übrigen Tätigkeiten demgegenüber weniger ins Gewicht, so unterliegt der Fahrer den Sozialvorschriften im Straßenverkehr.“ Hier ist beispielsweise Vorsicht geboten bei Beschäftigten, bei denen im Arbeitsvertrag als eine der wesentlichen Tätigkeiten das Lenken von Fahrzeugen genannt ist oder etwa bei geringfügig Beschäftigten, wenn diese nur wenige Stunden pro Woche tätig sind, dabei aber überwiegend hinter dem Steuer eines (potenziell) aufzeichnungspflichtigen Fahrzeugs aktiv sind. Grundsätzlich sei darauf abzustellen, wie viel Zeit die Beförderung von Gütern neben den übrigen Aufgaben regelmäßig in Anspruch nimmt (arbeitsvertragliche Hauptleistung). Als weiteres Indiz kommt den Bundes- und Länderbehörden zufolge auch die Branchenzugehörigkeit (z.B. bei selbstständigen Handwerkern) und eine besondere, über die Fahrtätigkeit hinausgehende Berufsqualifikation in Betracht.

Wie ist das mit Fahrten zu weiter entfernten Orten?

Hier ist zunächst zu beachten, dass die Handwerkerklausel für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit einer zHm zwischen mehr als 2,8 und bis zu 3,5 Tonnen keiner Umkreisbeschränkung unterliegt, bei Fahrzeugen zwischen mehr als 3,5 und bis zu 7,5 Tonnen die Ausnahme jedoch auf den Bereich innerhalb eines Umkreises von 100 km Luftlinie um den Unternehmensstandort limitiert ist.
Zu den Details, welcher Ausgangspunkt für die Berechnung des Umkreise zugrundezulegen ist, haben sich die obersten Bundes- und Länderbehörden in ihren Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Abschnitt 6.2.1 und 6.2.2 geäußert.
Fahrten zu einem Ziel außerhalb dieses Umkreises sind mit Fahrzeugen über 3,5 t zHm also dem ersten Meter voll aufzeichnungs- und nachweispflichtig. Insoweit stellt sich die Frage der Anwendbarkeit der Handwerkerklausel bei Fahrten zu weiter als 100 km Luftlinie entfernten Orten bei schwereren Fahrzeugen bzw. Anhängerfahrten nicht. Das Fahrzeug muss mit einem (digitalen) Fahrtenschreiber ausgerüstet sein, der Fahrer benötigt eine Fahrerkarte und muss natürlich auch lückenlose Nachweise für den aktuellen und die vorausgehenden 28 Kalendertage mitführen. Darüber hinaus müssen sowohl das Unternehmen als auch der Fahrer alle weiteren Pflichten des Fahrpersonalrechtes einhalten bzw. umsetzen.
Online gibt es diverse Tools, mit denen der Luftlinienabstand zwischen zwei Punkten/Adressen ermittelt werden kann, zum Beispiel luftlinie.org oder den Kartenradiusrechner von calcmaps.com, der den Umkreis auf der Karte anzeigt.
Für all jene, die Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit maximal 3,5 t zHm einsetzen, gilt KEINE Umkreisbeschränkung. Wenn nur hin und wieder längere Strecken zurückgelegt werden müssen, ist hinsichtlich der Frage ob dabei das Lenken zur Haupttätigkeit wird, von Bedeutung, dass „die Tätigkeiten des Fahrers am jeweiligen Fahrtag […] für sich allein nur ein Indiz“ sind. Wenn die Lenktätigkeit insgesamt im geringfügigen Umfang stattfindet, sind vereinzelte Engagements in größerer Entfernung also kein Problem. Dabei sollte aber sichergestellt sein, dass auf eine beispielsweise 600 km lange Anfahrt auch ein vom Umfang her nennenswerter, bestenfalls die Netto-Fahrzeit deutlich übersteigender, also mehrtägiger Arbeitseinsatz vor Ort erfolgt und die Rückfahrt dementsprechend erst zwei, drei oder vier Tage später angetreten wird. Die Gesamtbetrachtung einer ganzen oder von zwei Arbeitswochen ist also relevant.

Branchenspezifische Problemfälle

Handelsunternehmen

Im „klassischen“ (stationären) Handel wird es generell schwierig werden, sich auf die Handwerkerklausel zu berufen. Die Beförderungen, die hier durchgeführt werden, sind in aller Regel im Eigeninteresse, wenn es um Warenbeschaffungen von Lieferanten geht, oder im Kundeninteresse, also eine Serviceleistung (zur Verkaufsförderung). Entweder wird die Handelsware nur an den Kunden ausgeliefert oder vom Lieferanten beschafft und „auf Lager“ gelegt, sofern die Ware nicht gleich im Streckengeschäft vom Produzenten zum Handelskunden befördert wird. Das sind alles klassische Lieferungen und die Anwendung der Handwerkerklausel ist hierbei verwehrt. Beispielhaft seien hier Groß- und Einzelhändler mit Werkverkehrsflotte oder -fahrzeugen im Kontext Bauhandwerk, Gastronomie/Hotellerie, Getränkehändler, Lebensmittel und Non-Food genannt.
Oder wir haben es mit dem oben bereits thematisierten Handelsvertreter zu tun, der ein Produkt beim Kunden vor Ort nur präsentiert. In der Praxis wird die Grauzone entweder garnicht vorhanden sein oder aber tiefgrau erscheinen und insoweit gibt es kaum ein Handelsunternehmen, das die Handwerkerklausel rechtskonform anwenden kann.
Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn ein Handelsunternehmen seine Ware ambulant aus einem Fahrzeug heraus verkauft. Wenn es sich dabei um spezielle Fahrzeuge (oder spezielle Anhänger) handelt, „mit jeweils für diesen Zweck bestimmter, besonderer Ausstattung, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf dienen“, das Fahren nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt und die gegebenenfalls bestehende Umkreisbeschränkung (100 km Luftlinie) eingehalten wird, sind derartige Fahrzeugeinsätze nach Meinung der obersten Bundes- und Länderbehörden ausgenommen (vgl. unbedingt auch zu den weiteren Details die Abschnitte 2.1.2 und 5.3.5 des Auslegungsleitfadens). Eine Einzelfallprüfung ist hier grundsätzlich anzuraten.

Ein weiterer Unterpunkt, der hier etwas prominenter dargestellt werden soll, sind Beförderungen durch Kraftfahrzeughändler oder -werkstätten. Im Kfz-Handel werden oftmals Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen, seltener auch Solo-Fahrzeuge zur Beförderung von Kraftfahrzeugen (= Handelsware) eingesetzt, die aber in den allermeisten Fällen eine zHm von mehr als 3,5 t aufweisen. Die zu befördernden Fahrzeuge werden entweder neu oder gebraucht angekauft oder verkauft und müssen deshalb üblicherweise vom Verkäufer zum Händler oder vom Händler zum Käufer befördert werden. Wenn der Zweck der Fahrt also lediglich diese Ortsveränderung (= Lieferung) ist, besteht Aufzeichnungspflicht, über 3,5 t zHm mit Fahrtenschreiber!
Wenn das Unternehmen als reiner Händler auftritt, also keine Kfz-Werkstatt inbegriffen ist (Autos staubsaugen, putzen, ein defektes Blinkerlämpchen tauschen und vor der Übergabe den Lack aufzufrischen ist meines Erachtens keine Werkstatttätigkeit), sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alle Fahrzeugbeförderungen aufzeichnungspflichtig, da letztlich lediglich ein Gut zwischen zwei Orten befördert wird. Hier spielt auch die Distanz keinerlei Rolle – selbst wenn beim befreundeten Händler drei Straßen weiter ein Fahrzeug angekauft wird und das Fahrzeug dann nicht auf eigener Achse zum eigenen Betrieb gelangt, ist die Beförderung aufzeichnungspflichtig.
Nur wenn zum Beispiel ein Reparaturbetrieb gegeben ist, also ein handwerklicher Aspekt Eingang ins Thema hält, und ein instandzusetzendes Fahrzeug mangels entsprechender Ausstattung nicht im Haus, sondern bei einem Dienstleister lackiert werden muss, könnte die Beförderung des zerlegten Fahrzeugs zu diesem Lackierbetrieb (und natürlich auch zurück) im Rahmen der Handwerkerklausel erfolgen. Völlig frei von Grauzone ist diese Sichtweise sicher nicht, aber es lassen sich zumindest einige Argumente finden, weshalb es sich bei dem Fahrzeug um Material handelt, an und mit dem der Mechaniker arbeitet. Ein weiterer Fall wäre möglicherweise der Ankauf eines defekten Fahrzeugs, das in der Werkstatt repariert und danach wieder verkauft wird. In jedem Fall muss, wenn die Handwerkerklausel angewendet werden soll, sichergestellt sein, dass der Fahrer die Person ist, die an dem Fahrzeug arbeitet. Wenn die Beförderung vom „Chef“ oder von einem anderen Mitarbeiter, der nicht selbst aktiv an der Reparatur des Fahrzeugs mitwirkt, durchgeführt wird, kann eine Aufzeichnungspflicht angenommen werden. Und dass das Lenken nicht die Haupttätigkeit ist, muss natürlich auch erfüllt sein.

Produzierendes Gewerbe

Unkritisch sind in aller Regel Fahrzeugeinsätze, bei denen die produzierten Güter vor Ort beim Kunden montiert oder „eingearbeitet“ werden. Und der Einsatz eines Servicetechnikers für Wartung und Instandsetzung ist natürlich auch problemlos möglich, wenn die oben dargestellten Limitierungen respektiert werden.
Im Bereich der Lieferungen wird das Bild deutlich uneinheitlicher. Zunächst die unkritischen Bereiche: Das wären alle Beförderungen mit schweren Nutzfahrzeugen, also alles über 7,5 t zHm. Diese sind per se aufzeichnungspflichtig, da sie garnicht unter die Handwerkerklausel fallen können. Werden Fahrzeug bis 7,5 t zHm eingesetzt, kommt die Anwendung der Handwerkerklausel immer dann in Betracht, wenn „handwerklich“ hergestellte Güter befördert werden, Details dazu auch weiter oben.
Kritisch sind in aller Regel Rohstoff- oder Halbzeugbeschaffungen, genauso wie Veredelungsverkehre (zum entgraten, beschichten, lackieren, sandstrahlen und so weiter) oder die Auslieferung fertiger Produkte zum Kunden, da hier die Kriterien der Handwerkerklausel nicht oder nur in seltenen Fällen und je nach Einzelfallkonstellation erfüllt werden. Der Graubereich im positiven Sinne beginnt hier, wenn beispielsweise Rohmaterial beschafft wird, das in der Folge im Rahmen einer handwerklichen Fertigung verarbeitet wird oder wenn die Produkte, die aus den beschafften Rohmaterialien entstehen, letztlich im Zuge einer der Handwerkerklausel unterliegenden Fahrt an den Ort des Geschehens gebracht und dort montiert werden. Dann ist in aller Regel Entwarnung angezeigt.

Handwerk

In Handwerksbetrieben wird – und Ausnahmen bestätigen die Regel – gerne die Grundsatzhaltung vertreten, dass man mit dem Thema Lenk- und Ruhezeiten generell nichts zu tun hat. Für was sollte es sonst die „Handwerkerklausel“ geben, wenn dann doch wieder einzelne Fahrten aufzeichnungspflichtig wären? Aufgrund der Kontrollaktivitäten der Behörden und auch des Eigeninteresses diverser Handwerksbetriebe an einer rechtskonformen Leistungserbringung hat sich diese verallgemeinert dargestellte Sichtweise bereits bei Einigen verändert, aber bis wir behaupten können, dass „das Handwerk“ sich fahrpersonalrechtlich richtig einsortiert, werden noch viele Anhörungen und Bußgeldbescheide verschickt werden müssen.
Wo liegen die Knackpunkte: Wie oben bereits dargestellt kommt es im Handwerk in manchen Segmenten doch immer wieder vor, dass „nur“ geliefert wird. Außerdem hat hier auch ein Strukturwandel um sich gegriffen und vor allem im baunahen Handwerk werden oft Aufträge angenommen, zu denen die Anfahrt regelmäßig mehrere hundert Kilometer beträgt. Die Mehrzahl der Unternehmen ist zwar weiterhin nur regional tätig, aber je spezieller die Leistungen oder je größer der Handwerksbetrieb, umso größer auch der Aktionsradius. Und auch das Thema Laderaumerweiterung per Anhänger ist ein Punkt, der insbesondere in Kombination mit weiter entfernt befindlichen Einsatzorten regelmäßig zum Kollaps der Handwerkerklausel beiträgt. Kritisch sind hier auch die angehängten Arbeitsmaschinen, also Grünguthäcksler, Außenaufzüge, mobile Arbeitsbühnen, Druckluftkompressoren und so weiter und so fort. Diese Anhänger fließen aufgrund eines Beschlusses der Bund-Länder-Referenten in die zHm des Zuges mit ein und katapultieren den 3,5 t „Sprinter“ somit direkt ins EU-Recht. Und last not least haben wir auch noch jene Handwerksbetriebe, die zur Leistungserbringung auf Fahrzeuge mit einer zHm über 7,5 Tonnen angewiesen sind, zum Beispiel Stuckateure mit angedocktem Gerüstbau; Garten- und Landschaftsbauer, die mit schweren Maschinen anrücken; der Steinmetzbetrieb, der einen LKW mit Ladekran benötigt; …
In all diesen Bereichen ist die Beurteilung, ob eine Aufzeichnungspflicht vorliegt oder nicht, durchaus komplex (außer bei den Fahrzeugen über 7,5 t und wenn der Umkreis überschritten wird) und wenn sich die Betriebe dann auf die Aussagen des Autohauses, bei dem sie ihre Fahrzeuge erwerben oder das gefährliche Halbwissen in Internetforen verlassen, sind sie oftmals auch verlassen. Die Einzelfallprüfung durch Experten ist hier stets anzuraten!

Dienstleister

Unter Dienstleistern ist das Spektrum an möglichen Ausprägungen des Tagesgeschäfts sehr breit, zumal ja auch Handwerker als Dienstleister durchgehen können. Insoweit sind auch hier die zuvor angesprochenen Komplikationen zu beachten, also insbesondere der Anhängerbetrieb und das Überschreiten der 100 km-Limitierung, wenn die 3,5 t-Grenze gerissen wird. Gleichfalls werden im Dienstleistungssektor die rein zahlenmäßig meisten Anwender der Handwerkerklausel zu finden sein, da hier besonders viele kleine und mittelgroße Unternehmen aktiv sind, die für die Leistungserbringung auf den Einsatz entsprechender Fahrzeuge angewiesen sind.
Recht unkritisch sind dabei alle Dienstleister zu sehen, die ihr Equipment, mit dem vor Ort gearbeitet wird, befördern. Das wären beispielsweise Dienstleister im Bereich Veranstaltungen und Messen oder wissensbasierte/gutachterliche Dienstleistungen neben all jenen, die „wie Handwerker“ tätig werden. Recht häufig scheitert bei Dienstleistern die Anwendung der Handwerkerklausel an der zHm der eingesetzten Fahrzeuge, da zum Beispiel bei den bereits angeführten Dienstleistern rund um Veranstaltungen und Messen oftmals so viel oder so schweres Equipment befördert werden muss, dass mindestens ein 12- oder 18-Tonner im Einsatz ist oder der 7,5-Tonner um einen Anhänger ergänzt wird.
Weitere kritische Bereiche? Da wären beispielhaft (auch mildtätig oder gemeinnützig tätige) Organisationen genannt, die einen gastronomischen Service anbieten und Seniorenheime oder Schulen und ähnliche Einrichtungen mit fertig zubereiteten Speisen beliefern. Oder der Bereich Mietwäsche/Textilservice/Schmutzfangmatten etc. Hier werden in aller Regel Fahrer eingesetzt, bei denen das Lenken die Haupttätigkeit ist oder es mangelt schlichtweg daran, dass die beförderten Güter zur Leistungserbringung durch den Fahrer benötigt werden – wir es also mit einem Lieferservice im engeren Sinne zu tun haben.

An dieser Stelle sei nochmals daran erinnert, dass alle Vorgaben zur Handwerkerklausel aus den Verordnungen erfüllt sein müssen und sobald bei einem Punkt Zweifel aufkommen, die Anwendung der Ausnahme zu unangenehm hohen Bußgeldern führen kann.

Was gilt es sonst noch zu beachten?

Rund um den gewerblichen Einsatz von leichten Nutzfahrzeugen und LKW bis 7,5 t zHm und die Ausnahmen vom Fahrpersonalrecht gibt es viele weitere Aspekte, die hier angesprochen werden könnten. Ich beschränke mich jedoch auf ein paar Klassiker, die im betrieblichen Alltag regelmäßig vorkommen:

Ungewollte Mehr-Fahrer-Besatzung

Wenn im Fahrzeug nicht nur eine Person – also der Fahrer – anwesend ist, kann es vorkommen, dass in Kontrollen von einer Mehr-Fahrer-Besatzung ausgegangen wird. Sofern eine Mehr-Fahrer-Besatzung gar nicht die Intention ist (übrigens kann eine solche in Fahrzeugen bis 3,5 t zHm zwar stattfinden, nicht jedoch unter Inanspruchnahme der Bereitschaftszeitregelung für den Beifahrer aus § 21 a ArbZG und insoweit sachlich sinnfrei), kann ein formloses Schreiben mitgeführt werden, aus dem hervorgeht, dass Herr/Frau Mustermann sich nur als Mitfahrer im Fahrzeug aufhält und das Fahrzeug nicht lenken darf (Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO), auch wenn sie ggf. über die benötigte Fahrerlaubnisklasse verfügt. Abschließend kann darauf hingewiesen werden, dass Herr/Frau Mustermann somit kein Fahrer nach Artikel 4 Buchstabe c) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 ist. Damit kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Ärger bei und auch infolge von Kontrollen vermieden werden.

„Sprinter“ als Allzweckwaffe

Recht häufig werden leichte Nutzfahrzeuge zwischen mehr als 2,8 und bis zu 3,5 t zHm im Unternehmen für alle möglichen Fahrten genutzt. Da wird mal schnell was zur Post gebracht oder man holt die belegten Brötchen beim Bäcker für die Besprechung am Nachmittag ab. Das sind streng genommen reine Lieferfahrten, die immer aufzeichnungspflichtig sind. Mir ist bislang kein Einzelfall untergekommen, in dem nicht auch ein „normaler“ PKW des Unternehmens, jedenfalls irgendein Auto mit maximal 2,8 t zHm, für derartige Fahrten hätte eingesetzt werden können.

Privatfahrten

Auch kommt es immer wieder vor, dass derartige Fahrzeuge an Mitarbeiter für private „Besorgungen“ überlassen werden. Das ist fahrpersonalrechtlich kein Problem, da Privatfahrten bis 7,5 t zHm grundsätzlich ausgenommen sind. Aber dann bitte mit einem formlosen Schreiben, aus dem hervorgeht, dass das Fahrzeug Herrn/Frau Müller ab dem soundsovielten um soundsoviel Uhr mit dem Kilometerstand XY für Fahrten zu privaten Zwecken überlassen wurde. Und auf dem selben Papier sollte dann auch die Rückgabe des Fahrzeugs mit den selben Datensätzen notiert werden können. Und dieses Dokument wird mindestens ein Jahr aufbewahrt! Vor der Übergabe des Fahrzeugs sollte mit der Kfz-Versicherung auch geklärt worden sein, ob „sowas“ durch die Versicherung abgedeckt ist – nicht, dass die Mitarbeiterfreundlichkeit ins finanzielle Desaster führt. Und das Thema Führerscheinkontrolle sei an dieser Stelle auch noch angesprochen, weshalb in das oben angesprochene Schreiben auch ein Passus rein sollte, dass lediglich Herr/Frau Müller mit dem Firmenfahrzeug fahren darf (ansonsten müsste nämlich auch der Führerschein aller anderen Fahrer, die Herr/Frau Müller fahren lässt, kontrolliert werden).

Wenn das Fahrzeug solo oder auch nur mit Anhänger die 7,5 t-Grenze überschreitet, sind auch alle rein privaten Fahrten aufzeichnungspflichtig. Und zwar nach allen Regeln der Kunst! Also nicht nur mit Fahrerkarte, sondern auch mit Unternehmenskarte (und ja – auch eine Privatperson kann eine Unternehmenskarte beantragen) zur Aktivierung/Sperrung des Fahrtenschreibers, mit einem lückenlosen Nachweis für die letzten 28 Kalendertage des Fahrers und ausgelesen und archiviert müssen die erzeugten Daten auch werden. Also wenn es geht, davon lieber die Finger lassen.

Beauftragung von Transportdienstleistern

Viele Dienstleister, Händler, Handwerker, produzierende Betriebe und auch Land- oder Forstwirte beauftragen Frachtführer (= Transportunternehmen) direkt mit der Durchführung von Transporten. Dabei ist zu beachten, dass das Güterkraftverkehrsgesetz im § 7c besondere Sorgfalts- und Prüfpflichten für den Auftraggeber einer Transportdienstleistung (= Absender) bereithält. Betroffen sind alle Unternehmen, die direkt mit einem Frachtführer einen Frachtvertrag schließen. Das ist immer dann der Fall, wenn kein Spediteur dazwischengeschaltet ist. Ein Spediteur nach Handelsgesetzbuch organisiert Beförderungen für seinen Auftraggeber (= Versender) und schließt seinerseits Frachtverträge mit Frachtführern, wodurch der Spediteur zum frachtrechtlichen Absender wird. Wer also einen solchen Spediteur „umgeht“ und selbst direkt mit einem Frachtführer Frachtverträge schließt, muss prüfen, ob der Frachtführer a) eine gültige Genehmigung besitzt, diese b) rechtskonform einsetzt und c) sein Fahrpersonal aus Drittsatten (sofern vorhanden) korrekt beschäftigt. Besondere Vorsicht ist in diesem Kontext auch bei der Inanspruchnahme von sogenannten Frachtvermittlern geboten, da dieser nur zwischen dem Absender und dem Frachtführer vermittelt, der Frachtvertrag also trotz zwischengeschaltetem Vermittler direkt zwischen dem „Verlader“ und dem Frachtführer zustande kommt. Die Details zu diesem Thema habe ich im Artikel Kontrollpflichten des Absenders zusammengetragen.

¹ Anmerkung zum Thema „zulässige Höchstmasse“ (zHm): Relevant ist immer lediglich diese Angabe laut Fahrzeugpapieren, regelmäßig zu finden in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 im Feld F.1 bzw. F.2. Wenn ein Anhänger mitgeführt wird, sind die zHm des Zugfahrzeugs und des Anhängers zu addieren. Leergewichte, Zuladungen und auch die tatsächliche Masse des Fahrzeugs oder der Kombination sind irrelevant. Begriffe wie zulässiges Gesamtgewicht (zGG) oder zulässige Gesamtmasse (zGm) meinen das selbe, sind aber veraltet.

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