Frachtgeschäft und Frachtvertrag

Die rechtliche Grundlage jeder Güterbeförderung ist ein Frachtvertrag. Der Frachtvertrag wird zwischen dem Absender und dem Frachtführer geschlossen. Für innerdeutsche Beförderungen regelt das Handelsgesetzbuch (HGB) ab dem § 407 die Rahmenbedingungen für den Abschluss von Frachtverträgen.

Für die logistische Transportkette eines Produktes – von der Rohstoffgewinnung bis letztlich zum Verbrauchsort – sind immer mehrere Transporte und diverse Umschläge notwendig. Deshalb gibt es viele direkt und indirekt beteiligte Unternehmen bzw. Personen („Parteien“) im Frachtgeschäft:

Jede dieser Parteien hat beim Transport eines Gutes besondere Interessen bzw. Aufgaben und diverse Rechte und Pflichten. Um die Zusammenarbeit der Beteiligten zu erleichtern, ist es notwendig, die Beförderung von Gütern Grundsatzregelungen zu unterwerfen. Dabei geht es unter anderem um die Folgen von:

  • Güterschäden während des Transports,
  • Güterverlust (Diebstahl) sowie
  • Lieferfristüberschreitungen,

die gesetzlich geregelt werden müssen. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Gut nicht nur mit dem LKW, sondern auch mit

  • einem Binnenschiff,
  • der Eisenbahn,
  • einem Seeschiff oder
  • dem Flugzeug

transportiert wird.

Das HGB liefert zu all diesen frachtrechtlichen Fragestellungen das Grundgerüst an Regelungen und Vorschriften sowie Rechten und Pflichten. Die HGB-Regelungen sind eng verwandt mit den frachtrechtlichen Vorschriften bei grenzüberschreitenden Beförderungen nach dem CMR. Nur in wenigen grundsätzlichen Fragestellungen und auch Details weichen die Vorschriften voneinander ab. Durch die Rechtsprechung werden die Regeln beständig weiterentwickelt und (praxisnah) ausgestaltet.

Eine Anmerkung zum Geltungsraum der HGB-Vorschriften

Besonders betont werden muss, dass das HGB nur Regelungen für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland treffen kann. Werden Güter grenzüberschreitend befördert, gelten grundsätzlich die Vorschriften internationaler Rechtsgrundlagen. Für Straßentransporte ist hier insbesondere das CMR (Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route – Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) von Bedeutung. Auch für die Luftfracht oder die Beförderung per Binnen- oder Seeschiff gibt es internationale Übereinkommen.

Das HGB gilt aber auch bei grenzüberschreitenden Transporten ergänzend zu den internationalen Rechtsgrundlagen. Dies ist grundsätzlich immer dann der Fall, wenn beide Vertragspartner in Deutschland ansässig sind und eine rechtliche Frage zu klären ist, die in den internationalen Übereinkommen nicht geregelt sind, zum Beispiel die haftungsrechtlichen Folgen der Pflichtenverteilung bei der Ladungssicherung zwischen Absender und Frachtführer.

Folgende grundlegende Fragen sind (neben vielen anderen) beim Abschluss eines Frachtvertrags zu klären:

  • Namen und Kontaktdaten der Ansprechpartner der Vertragspartner?
  • Menge, Bezeichnung und (Brutto-) Gewicht der Frachtgüter (Brutto = inkl. Verpackung und Ladehilfsmitteln wie Paletten etc.)?
  • Bei Gefahrgut: genaue Bezeichnung des Gutes und der Verpackung?
  • Beladestelle und Ladetermin bzw. -zeitfenster?
  • Empfänger und Liefertermin bzw. -zeitfenster?
  • Abmessungen des Laderaums bzw. Abmessungen des zu befördernden Gutes?
  • Womit soll das Gut (oder darf es nicht) befördert werden?
  • offene oder geschlossene Bauweise des Beförderungsmittels?
  • Kühlung und/oder Heizung bei temperatursensiblen Gütern?
  • Welche Besonderheiten gilt es bezüglich des Gutes zu beachten (zum Beispiel Temperatur, Erschütterungen)?
  • Welchen Wert hat das Gut und muss eine besondere Versicherung abgeschlossen werden? Wer bezahlt die Versicherung?
  • Zuständigkeiten für die Be- und Entladung?
  • Vereinbarte Fracht und Zahlungsziel?
  • Werden Ladehilfseinrichtungen wie Hebebühne oder Ladekran benötigt?
  • Gibt es besondere Anforderungen an Ladungssicherungseinrichtungen?

Be- und Entladetermine bzw. -zeitfenster haben in aller Regel auch Auswirkungen darauf, ob zum Beispiel ein Fahrer ausreicht oder eine Mehrfahrerbesatzung notwendig ist. Werden Multimodale/Kombinierte Beförderungen durchgeführt, sind die Termine festzulegen zu denen die Güter zur Verladung auf Güterzüge, Binnenschiffe, Seeschiffe oder Flugzeuge bereitstehen müssen. Außerdem können sich bei speziellen Gütern Einschränkungen ergeben. Beispielsweise besteht bei manchen Gefahrgütern eine Einschränkung der Transportierbarkeit zusammen mit anderen Gütern. Bei Gefahrgut ist ein umfassender und frühzeitiger Informationsfluss zwischen Absender und Frachtführer besonders wichtig.

Auch die Information über den Wert des zu befördernden Gutes ist von großer Bedeutung. Wenn der gesetzlich oder durch gesonderte Vereinbarung geregelte Höchstbetrag der Frachtführerhaftung nicht ausreichend ist, muss eine Transportversicherung abgeschlossen werden. Insbesondere ist zu klären, wer die Versicherung abzuschließen hat. Zudem kann der Absender, um eigene Fahrlässigkeiten oder die seiner Erfüllungsgehilfen abzusichern, in jedem Fall eine Transportversicherung abschließen.

Nachdem alle Punkte geklärt sind, sollten die Vorschriften des HGB an die spezifischen Modalitäten des Transports angepasst werden. In aller Regel müssen nicht nur ein paar wenige, sondern viele HGB-Regelungen angepasst oder ausgestaltet werden, zum Beispiel zur maximalen Haftung des Frachtführers für Güterschäden oder bei Lieferfristüberschreitungen. Um dies im Alltag einfacher handhaben zu können, hat sich das Instrument der sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelt. Durch die Vereinbarung von AGB werden mehrere (HGB-) Vorschriften „auf einmal“ geändert oder konkretisiert. Im Frachtgeschäft sind insbesondere die „Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen“ (ADSp) verbreitet. Diese werden zwischen den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft vereinbart. Spitzenverbände sind zum Beispiel der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) oder der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Sowohl die Verbände der Verlader wie auch der Frachtführer und Spediteure empfehlen die Vereinbarung der ADSp. Die ADSp 2017 stellen gegenwärtig den aktuellsten Stand dieser AGB dar. Bei besonderen Beförderungen wie Schwerlast- und Großraumtransporten werden oft nicht die ADSp, sondern spezifische AGB, zum Beispiel die AGB der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (AGB-BSK Kran und Transport), vereinbart.

Das Frachtrecht nach HGB ist nur ein Grundgerüst und in vielen Bereichen sehr flexibel. Nur sehr wenige Regelungen unterliegen einer „Veränderungssperre“. Es steht den Vertragspartnern frei, sehr viele Vertragsdetails individuell zu verhandeln und zu vereinbaren. Dabei können nicht nur die Regelungen des HGB, sondern auch AGB-Regelungen verändert oder gestrichen werden.

Der Nachweis, dass ein Frachtvertrag geschlossen wurde, besteht zum Beispiel in einem vom Absender und vom Frachtführer unterzeichneten Frachtbrief. Ist kein Frachtbrief erstellt worden bedeutet dies aber nicht, dass kein Frachtvertrag besteht.

Eine Beförderung wird auf Basis der im zugrundeliegenden Frachtvertrag vereinbarten Detailbestimmungen durchgeführt. Bei Güterschäden oder bei versäumten Lieferterminen werden sowohl die Fragen zum Verschulden als auch zur Regulierung des Schadens entsprechend der vertraglichen Vereinbarung beantwortet. Dies gilt vor allem bei nicht auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehungen. Bei längerfristigen Verträgen oder auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehungen sollte ein deutlich umfangreicher ausgestaltetes Vertragswerk im Sinne einer Rahmenvereinbarung bestehen.

Da im Transportgewerbe sehr viele Beförderungsverträge nur mündlich ohne irgendeine schriftliche Basis abgeschlossen werden, sind die Vertragsparteien bei Schäden oft uneinig darüber, was genau vereinbart wurde und wer zum Beispiel in welchem Umfang haftet.

Falls keine besonderen Absprachen vorgenommen wurden, gelten die HGB-Regeln. In der Praxis ist das aber nur selten anzutreffen, da die meisten Spediteure und Frachtführer die ADSp oder andere AGB besitzen. Wenn Unternehmen Frachtverträge abschließen, werden die AGB sozusagen automatisch vereinbart. Deshalb sind „stillschweigend“ vereinbarte AGB bei vielen Streitigkeiten Grundlage der rechtlichen Beurteilung der jeweiligen Rechte und Pflichten und teilweise auch hinsichtlich der Haftung.

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